Tag 48 der Ausgangssperre

Wir wissen zwar nicht, was genau am 7. Mai in der Nationalversammlung beschlossen wird, aber gestern ist schon ein bisschen Information durchgesickert. Offiziell wurde die „crise sanitaire“, der Gesundheitsnotstand in Frankreich bis Juli verlängert. Es wird eine 14tägige Quarantäne geben, für alle, die nach Frankreich einreisen. Wie das im kleinen Grenzverkehr aussehen wird, ist noch völlig unklar. Auf Fragen zum Tourismus wurde bei einer Pressekonferenz nur sehr wage geantwortet. Eins ist sicher: wirklich locker wird es nicht werden- unser Departement Moselle im Grandest ist noch knallrot auf der offiziellen Klassifikationskarte des Gesundheitsministeriums. Der französische Staat bleibt hart und wir müssen und wollen mitziehen. Am Montag sollen die Schulen auf freiwilliger Basis wieder öffnen- gerade laufen Befragungen, wie viele Eltern das Angebot überhaupt annehmen wollen. Die Gruppen sollen nicht mehr wie 15 Kinder umfassen- Maskenpflicht soll es für die Kinder anscheinend nicht geben.

Für die Kiddies ist das Confinement ein echter Graus. Gestern hatte unser Nachbarsjunge Geburtstag. Er wurde 10. Seit nunmehr 47 Tagen sitzt er zuhause mit seinem kleinen Bruder, sein Quad hat er schon geschrottet, die Laune anbetrachts einer „KernfamilienGeburtstagsfeier“ im Keller. Julie und Eric haben ihm ein neues Fahrrad gekauft. Das war eine aufregende Sache. Paket Nummer 1 ging im ConfinementChaos vor drei Wochen „verloren“ , das zweite FahrradPaket beinhaltete nur den Rahmen und den Vorderreifen, das dritte Fahrrad kam letzte Woche Montag an und war eine Rahmengröße zu klein. Manchmal läuft es schlecht und dann kommt auch noch Pech dazu. Am Freitag kam nun endlich das richtige Fahrrad mit Vorder- und Hinterreifen, in der richtigen Größe und in wunderschönem Rot. Chic. Was Julie und Eric allerdings nicht wirklich im Blickfeld hatten, war die Tatsache, dass Loic durch das Confinement nur auf dem eigenen Grundstück fahren darf. Höchstens die Straße hoch und runter- dann ist Schluss. Es kam natürlich, wie es kommen musste. Loic stieg auf sein neues Fahrrad, fuhr die Einfahrt hoch und runter. Während wir am Zaun noch ein wenig erzählten, nutzte der Frechdachs die Gelegenheit und entwischte aus unserem Blickfeld. Naja, er ist ein richtiger Lausbub- aber ein lieber Junge. Aber heute hat er uns in Angst und Schrecken versetzt. Er war einfach verschwunden. Wir teilten uns auf, Julie und Eric Richtung Wasserturm, Sascha und ich Richtung Schule. Als wir uns der Schule näherten, sahen wir das Fahrrad auf der Wiese vorm Gebäude liegen, Loic saß unter einem der vielen Bäume vor der Schule. Er spielte mit einem Stock im Gras herum. „Mensch Loic, was machst du da?“ fragte ich ihn. „Wir suchen dich überall!“ Er schaute mich an und ich sah, dass er geweint hatte. „Bist du gefallen?“ „Nein!“ schluchzte er „Ich vermisse meine Freunde! Das ist der doofste Geburtstag, den ich je hatte!“ „Ach komm Loic, wir gehen nachhause und machen das Beste draus.“ Ich rief Julie an, und sagte, dass wir den kleinen Ausreißer gefunden hatten. Auf dem Weg zurück , die Straße runter, schob er das Fahrrad neben sich her. Vor einem blauen Haus blieb er stehen und zeigte auf ein Fenster in der obersten Etage. „Da wohnt Christophe, mein bester Freund. Den darf ich heute auch nicht sehen.“ Ich kenne Christophes Mutter- sie ist auch deutsch. Also klingelte ich kurzerhand und sprach kurz mit ihr über die Sprechanlage. Dann öffnete sich das Fenster in der oberen Etage und Christophe schaute zu uns herunter. Er winkte und rief „Salut Loic! Wie schön, dich zu sehen! Bon anniversaire! Wir feiern deinen Geburtstag nach! Wir sehen uns nächste Woche in der Schule!“ „Na klar, Christophe!“ Loics Gesicht hellte sich auf. Er lachte, setzte sich auf sein neues Fahrrad und radelte die letzten Meter nach Hause.

Wir waren froh, dass er wieder da war. Für uns gab’s dann noch ein Stück Kuchen über den Zaun. Geburtstag in CoronaZeiten- nicht nur für Kinder eine besondere Erfahrung.

Bleibt gesund! Passt auf euch auf!

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