Einmal mehr ist Geduld gefragt. Jeden Abend um 20:00 Uhr hupt jemand in einer Nebenstraße von uns. Wir wissen nicht wer das ist, wir wissen nicht, wo er parkt und wir wissen nicht für wen er hupt. Gestern Abend holte er Julie, Eric, Sascha und mich durch sein Gehupe aus der Diskussion über die Pressekonferenz von Premierminister Phillipe. Er und verschiedene seiner Regierungskollegen haben den Beginn der Entkonfinementierung am 11. Mai, am kommenden Montag, verkündet. Nach so vielen Tagen der Abschottung hatten wir sehnsüchtig darauf gewartet. Nach der Konferenz trafen wir uns anschließend alle am Zaun.
Nicht nur Sascha und ich haben mehr Lockerungen erwartet, freuten uns schon mit unseren Hunden wieder durch die Parks in Sarreguemines oder den nahen Wald zu schlendern. Eric und Julie sind auch etwas enttäuscht- die Parks und Gärten bleiben wahrscheinlich noch bis 2. Juni geschlossen, der Zugang zu den Seen der Umgebung bleibt uns bis auf weiteren Erlass verwehrt. Der Grund ist die Klassifikation „rot“ auf der Frankreichkarte des französischen Gesundheitsministers. Der große Osten Frankreichs ist knallrot, d.h. das Confinement wird bei uns länger dauern als in anderen Regionen- in Paris ,in der Region Ile de France, sieht es ähnlich aus und im ÜberseeDepartement Mayotte. Die Zirkulation des Virus ist zwar geringer geworden, aber sie ist immer noch da. Die Intensivstation und sind immer noch ausgelastet. Die französische Regierung hat entschieden, dass wir langsam machen müssen. Immerhin- unsere Bewegungsfreiheit erhöht sich ohne Attestation- Ausgangsschein- auf 100 km innerhalb des Departements -„Luftlinie“- auf Französisch heißt es VogelFluglinie „vol d’oiseau“.
Irgendwie kommt es in CoronaZeiten oft anders, als man denkt. Schade, ein Leben nach Corona lässt also in der Region GrandEst noch auf sich warten. Die französische Grenze bleibt geschlossen bis zumindest 15. Juni, bis zum Erlass einer neuen Verordnung. Da die deutsche Regierung die Grenze auch nicht öffnet, bleibt es also beim Status Quo. Immer noch keine Pflanzen aus dem Gartencenter auf der anderen Seite der Grenze. Ich bleibe wohl auch weiterhin der „Hundefutter-Dealer“ der Straße- so nennt mich zumindest Melody scherzhaft. Nur die Grenzgänger dürfen die Grenze überschreiten, zum Zwecke der Arbeit. Das ist auch das Einzige, bei dem sich heute wirklich etwas für Sascha und mich geändert hat. Wir leben jetzt seit über 50 Tagen im Confinement- wir haben uns arrangiert, ehrlich- wir haben es genossen zusammen zu sein. Und dann kam der Anruf, dass Sascha wieder zur Arbeit muss. Wir waren hin und hergerissen zwischen „Juhuu, es geht wieder los!“ und „Ach, schade, die Ruhe ist vorbei!“.
Ich nehme an, dass die Huperei in der anderen Straße auch mit der Arbeit desjenigen zu tun hat, dem sie gilt. Vielleicht wird er zur Nachtschicht abgeholt? Den Dreien geht es wahrscheinlich ähnlich- dem, der abends hupt, derjenige der abgeholt wird und Sascha, der heute früh wieder zur Arbeit gefahren ist- alle müssen wieder zurück in den Trott. Meine Arbeit begann heute wieder früh um sieben, an meinem Computer, mit dieser Geschichte aus dem Confinement in Frankreich.