Tag 53 der Ausgangssperre

Seit der Verkündung des Deconfinements ab Montag, hat sich die Atmosphäre hier auf unserem Berg etwas verändert. Sie ist in allgemeines Warten umgeschlagen- Vorbereitung für das Stück alte neue Freiheit werden getroffen- Autos werden geputzt, mehr Leute sind auf der Straße zu sehen. Es ist schon ein klein wenig betriebsamer- selbst gestern am Feiertag.

Als ich aus meiner Haustür trat, stand da schon wieder eines von Erics Schätzchen- ein 1968er Matra 530. Bevor ich hier wohnte, kannte ich diese AutoMarke überhaupt nicht, dann hat Eric mir erklärt, dass das Unternehmen irgendwann in den 70ern mit der Marke Simca fusionierte. Die wiederum kenne ich- das erste Auto meines Großvaters in den 60ern war ein französischer Simca. Da stand er nun dieser Matra und weckte durch ein besonderes Detail die Erinnerung an meine Kindheit- die gelben Scheinwerfer. Könnt ihr euch noch erinnern, als man abends oder nachts auf der Straße erkennen konnte, ob sich da ein Franzose oder ein Deutscher nähert? Natürlich hatte der Franzose es dann immer eiliger, fuhr immer etwas schneller als ein Deutscher. In der ersten Zeit hier mussten wir einige Dinge in Sachen Autofahren lernen- vor allem die größte verkehrstechnische Errungenschaft- den französischen Kreisverkehr. Die Regeln sind etwas anders: Regel Nummer 1- Verkehr ist in Frankreich Krieg- wer stehen bleibt, verliert. WIe oft verzweifelten arme Saargeminner, wenn wir wieder vor ihnen in den Kreisel einfuhren, wie oft schimpften andere französische Autofahrer, wenn ich mich nicht traute im Kreisel auf die Innenspur zu fahren. Am lustigsten finde ich heute noch die Zebrastreifenregelung. Fährt man in Überherrn über die deutsch-französische Grenze, stehen da große Schilder, dass man in Deutschland am Zebrastreifen anhalten muss. Ich hielt und halte immer noch an, wenn da jemand am Zebrastreifen steht. Hinter mir waren schon mehrfach Hupkonzerte zu hören. Ein sehr netter Gendarm hat mir mal erklärt, dass die ZebrastreifenRegelung in Frankreich so aussieht: Der erste Streifen befindet sich – anders als in Deutschland- auf dem Trottoir. Der Fußgänger tippt mit seinem Fuß- für den Autofahrer sichtbar (?!?!) auf diesen ersten Streifen und aktiviert ihn quasi dadurch. Dann muss man anhalten. Ich hab noch nie jemanden mit einem Fuß auf den Zebrastreifen tippen sehen- deshalb gilt bei mir die Regelung: Steht da jemand – dann anhalten. Beobachtet habe ich allerdings, dass die meisten Fußgänger auf das Nummernschild des ankommenden Autos schauen und bei einem deutschen eher früher losgehen und bei einem französischen Plaque erst mal abwarten. Steht man dann und lässt den Fußgänger über die Straße gehen, dann bedankt er sich freundlich durch ein kurzes Nicken oder einen Wink- das ist Usus.

Selbst mein Vater- der alte erfahrene pensionierte LKW- Fahrer, gibt seinen Schlüssel gerne an mich weiter, wenn er hier her kommt und wir noch was einkaufen gehen. Er hat mich vor ein paar Jahren- ich hatte gerade gelernt, dass im französischen Kreisel eine „Links- vor—rechts-Vorfahrtsregelung“ gilt- geadelt, als er, während er sich an der Handschlaufe über der Seitentür festhielt- zu mir sagte: „Du fährst schon wie ein Franzose!“ Ich fahre immer noch sehr deutsch, halte mich weitgehend an die Geschwindigkeitsbegrenzungen- denn in einem unterscheiden sich Frankreich und Deutschland noch: in den hohen Bußgeldern hier bei uns.

Also fahrt vorsichtig, wenn ihr wieder rüber dürft und bleibt gesund

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