Unweit des Wasserturms, der den Gipfel des Blaubergs markiert, am Ende unserer Straße, da steht das Haus des alten Mannes, der mich früher immer so grimmig angeschaut hat. Vielleicht erinnert ihr euch noch an die Zaungeschichte vom letzten Jahr, in der ich euch erzählt habe, wie wir durch ein spontanes Aufeinanderstoßen zu guten Nachbarn geworden sind. Er ist leider nicht mehr da und sein Haus wurde an Lillliana verkauft. Liliana ist also der neueste Zuwachs hier oben. Ich hatte vor ein paar Jahren schon Kontakt zu ihr geknüpft. Sie ist leidenschaftliche Hundehalterin und hatte uns voller Enthusiasmus in den Saargemünder Hundeverein eingeführt. Wie haben wir damals alle Vorurteile über „die Deutschen“ erfüllt. Zwei große Deutsche, damals noch in einem Auto mit deutscher Zulassung, ohne Kinder und mit zwei deutschen Schäferhunden. Die Sache mit dem Hundeplatz für unseren jüngeren schwarzen Rabauken war nach etwa 3mal sitzenbleiben in der Welpenklasse für uns erledigt. Ich bin noch nie sitzen geblieben, aber mit Bragi durfte ich das also nicht nur ein Mal erleben. „Der wird noch ruhiger!“ hatte der französische, alte, höchsterfahrene Hundetrainer mir mitleidig immer wieder zugerufen. Wenn ich unseren Schwarzen heute bei Hundebegegnungen herumbellen höre, dann klingen mir die Worte des alten Mannes droben vom „Club Canin“ immer noch in den Ohren und ich hoffe, dass er irgendwann Recht behält.
In den Ohren klingen mir leider zur Zeit noch andere Dinge. Wir müssen uns dreimal pro Woche auf Covid-19 testen lassen, da die Moselle vor Kurzem zum VirusvariantenGebiet erklärt wurde. Sascha wurde dabei schon zum Testopfer. Die Dame beim Test war nicht gerade zimperlich mit ihm- Nasenscheidewand und Polypen verletzt- Nasenbluten ohne Ende. So blieb er erstmal eine Woche auf der französischen Seite der Grenze und hat seitdem von Hausarzt bis HNO alle durch. Testen kann man sich in Frankreich völlig kostenlos, so oft man will. Meistens muss man sich testen lassen. Das bekommen neben Sascha und den anderen 16000 Grenzgängern auch Julie und Eric zu spüren. Wir sehen sie im Moment kaum- sie sind quasi rund um die Uhr in der Apotheke. Wahnsinn, wie viele Tests gemacht werden und wie wenig positive entdeckt werden. Aber die Tests geben uns allen eben auch ein Stück Sicherheit nicht betroffen zu sein und das ist gut so. An der deutsch- französischen Grenze spielen sich derweil gewöhnungsbedürftige Szenen ab. Die Lage ist angespannt wie in der Zeit der Grenzschließung letztes Jahr. Die Grenzgänger, also die Franzosen, die in Deutschland arbeiten, haben gestern am Grenzübergang Sarreguemines demonstriert: gegen die 48h-Testpflicht und mit der durchaus berechtigten Frage der Test-Gleichbehandlung der deutschen und französischen Arbeitnehmern in den Betrieben. Es brodelt gewaltig und es ist für uns nicht einfach, uns ständig für die Position der deutschen Regierung rechtfertigen zu müssen, obwohl wir wie die anderen Grenzgänger gleichermaßen von den umkommoden Maßnahmen tangiert sind. Eine Sache hat mich bei der Zeitungslektüre heute früh besonders betroffen gemacht. An der offiziell nicht geschlossenen Grenze standen etwa 30 deutsche Polizeibeamte, die deutsche Seite war abgeriegelt, jederzeit bereit, Demonstranten zurück zu drängen. Es waren Grenzgänger, also Leute mit gültige Covid-Test, die da auf französischer Seite auf dem Platz des EU- Vaters Schumann ihrem Unmut Luft machten. Wenn der Grenzübergang mit Covid 19 Test und digitaler Einreiseanmeldung möglich ist, warum dieses Aufgebot der Polizei? Das waren Menschen, die auch in Covid-Zeiten die deutsche Wirtschaft mit am Laufen halten- solche Symbole sind gefährlich. Deeskalierend sah das nicht aus, eher als Machtdemonstration des Nachbarlandes- Europa gefühlt ganz weit weg.
Wir haben heute die Gelegenheit zum Testen wieder genutzt- zum Teil freiwillig und natürlich auch gezwungenermaßen im deutsch-französischen Testzentrum „Goldene Bremm“ genutzt. Mit Termin, Fahr- und Wartezeit alles in allem 1 Stunde, die uns das gekostet hat. Und was hat es uns gebracht? Die Gewissheit das Virus nicht in uns zu tragen und niemand anderen zu gefährden. Beim Ausfahren aus dem Testgelände -wieder Richtung Stiring-Wendel, da haben wir kurz angehalten, an unserer Bäckerei von damals vor 13 Jahren, als wir im Frankreichurlaub mit Baguette und Rotwein beschlossen nach Frankreich zu ziehen. Genauso wie damals haben wir direkt in das Knäußchen gebissen und da wussten wir auf unserem Weg zurück nach Sarreguemines, zu den Boucles de la Sarre, sofort wieder, dass wir hier trotz der momentanen Situation immer noch ganz richtig sind: unter unseren Freunden auf dem Blauberg- mitten in Europa. Bleibt gesund da draußen!