Babylonisch auf dem Blauberg
Das Confinement hat seine nächste Phase erreicht. Noch am Wochenende habe ich über die rebellierenden Bürgermeister geschrieben- jetzt hat Castex reagiert und hat den großen Einkaufszentren verboten Waren, die nicht in den Bereich des täglichen Bedarfs fallen zu verkaufen. Spielzeugregale findet man seitdem abgehängt und Bücherregale kauern unter großen Planen bei Coa und wie sie sonst noch alle heißen. Anstatt also die kleinen Geschäfte wieder öffnen zu lassen, ist nun jeder Vor-ort-Verkauf nicht notwendiger Güter eingestellt. Man mag über die Sinnhaftig- oder Sinnlosigkeit streiten- in die Arme der Versandgiganten treibt es die Kundschaft allemal. Dem entgegen steht die Initiative „Click-et-Collect“ der Sarregueminner Einzelhändler. Ganz einfach auf den FacebookSeiten oder den Homepages der Geschäfte unkompliziert Bestellungen aufgeben und so trudeln auch die nicht so ganz notwendigen Dinge ins Haus.
So wie sich die Einkaufswege online kreuzen, so kreuzen sich auf dem Blauberg hier bei uns immer wieder die sprachlichen Wege in Realität. Natürlich immer in gebührendem Abstand- aus dem Fenster heraus, bei der Hunderunde über die Straße hinüber, per WhatsApp von Haus zu Haus oder Telefon – ja, das soll es auch noch geben- den guten alten Anruf. Melody brauchte Hilfe beim Zahnarztbesuch. Sie sollte eine Weisheitszahnbehandlung bekommen. „Hi Love! Hast du morgen früh Zeit? Ich brauche jemanden, der mich zum Zahnarzt bringt!“ Zu ihren unsäglichen Zahnschmerzen kam die Angst von einem Gendarm kontrolliert zu werden und dann nicht die richtigen Worte zu finden. An die Attestation haben wir uns schon wieder gewöhnt und fast alle hier oben nutzen die Handy-Version- sehr praktisch und spart Zeit und Papier. Die neue Version speichert die Formulareingabe für’s nächste Mal ab und so müssen wir beim nächsten Ausgang nur noch die Uhrzeit eingeben. Die Bescheinigung wird dann kreiert und es kann losgehen, auf unseren Kilometer, für eine Stunde oder zum Einkauf oder wenn man jemanden zu einem Arztbesuch begleiten muss. Ganz wie ich heute. Den Abschluss fand unsere Arztfahrt in Erics Apotheke- und dort fand sich doch tatsächlich ein junges Mädchen, etwas schüchtern, aber auf Zack, das mit Melodie Englisch sprechen konnte. Es kann sehr interessant werden, wenn eine Engländerin mit einer deutschen in eine französische Apotheke geht und dort – für französische Verhältnisse- unverhofft auf eine junge französische PTA trifft, die englisch besser als deutsch spricht. Letztendlich war es für Mel eine Erleichterung und als wir wieder im Auto saßen, schaute sie mich ganz erstaunt an und sagte: „Hast du das gehört? Ich geb dich Hoffnung nicht auf, dass Englisch mal zur Standard-Zweitsprache hier wird!“ Klar hab ich mich für die gefreut, aber ein bisschen nachdenklich hat mich das dann schon gemacht. Immerhin ist das Deutsch hier in der Region von bei weitem größerer Bedeutung.
Das hab ich im Übrigen gemerkt, als ich wieder zuhause war. Kaum hatte ich die Tür aufgesperrt und auf mein Handy gesehen, da hatte mir die liebe Bernadette eine Nachricht von größter Dringlichkeit, Urgence geschrieben. Kein medizinischer Notfall, sondern ein besonders dringender Fall von Sprachenwirrwarr und NachbarschaftsÜbersetzungsnotwendigkeit. Da war es wieder, das Gefühl, dass hier in unserem kleinen Universum jeder seinen Platz hat und die gegenseitige Hilfe großgeschrieben wird. Und wenn wir Melodys Idee des „Cookie-Exchange“ umsetzen, dann kann uns nix mehr passieren. Schokoladencookies sind gut für die Nerven, und die brauchen wir alle hier oben, dort unten und bei euch da drüben. Bleibt gesund!
Gestern habe ich von CoronaInfektionen in meiner alten Heimat erfahren- auf diesem Weg schicke ich natürlich die besten Wünsche über die Grenze! Passt auf euch auf!