Revolte! Das meine lieben Franzosen fast immer dafür sind dagegen zu sein ist allgemein bekannt. Hier wird das trotz des Confinements an den Gelbwesten deutlich, die gestern noch am Kreisel Richtung Roth-Hambach tapfer ausharrten und ihre Fahnen im Wind wehen ließen. Die Ordnungshüter werden das wohl noch am Wochenende tolerieren- genauso wie sie die Heimreisenden nach den Allerheiligen-Ferien noch durchs Land fahren lassen, obwohl wir eigentlich unser Heimatdepartement nicht verlassen dürfen. Nur in Ausnahmefällen- wie zur Fahrt zur Arbeit dürfen Sascha und ich genauso wie die anderen DepartementsEinwohner- das Departement Moselle57 nicht verlassen. Ab Morgen wird sich hier nach den „Anlauftagen des Confinements“ nocheinmal einiges verändern.Die Kinder müssen alle in der Schule Masken tragen. Nur den unter Dreijährigen bleibt diese Pflicht erspart. Die „Creche“ bleibt für die Kinder weitgehend maskenfrei- nur die Erzieher sind verpflichtet die Masken aufzusetzen. Der kleine Theo von nebenan muss sich mit seinen 4-Jahren also auch maskieren, sieht das Ganze aber sportlich und eher als Spiel. Derweil regt sich bei seinem älteren Bruder der leise Ansatz des Widerstandes. Allerdings nicht wegen der Maske sondern wegen des Schulanfangs. Blöde Hausaufgaben, die er bis zum letzten Tag aufgeschoben hatte, müssen noch erledigt- der Ranzen gepackt und die Bücher und Hefte kontrolliert werden. Und dabei werden Worte über Worte gemacht- ihr könnt es euch denken. Also an dieser Elternmisere am Ende der Ferien ändert Corona wohl nichts.Die Aufmüpfigkeit mancher unserer „Compatriotes“ zeigt sich auch an einer besonderen Entscheidung des Maire (Bürgermeisters) von Longwy im Nachbardepartement, der 54 „Meurte-et-Moselle“. Entgegen der Entscheidung von Macron alle „nicht dem lebensnotwendigen Bedarf dienenden“ Geschäfte zu schließen, erlaubt der Maire von Longwy gerade diesen kleinen Geschäften in seiner Gemeinde trotz des Macron-Erlasses wieder zu öffnen. Mal sehen, ob sich das der Prefet des Departements so gefallen lässt. Ob der Erlass also so durchgesetzt werden kann, bleibt abzuwarten. Andere Bürgermeister (in Frankreich sind die Maires sehr mächtig) haben bereits ihre Unterstützung angekündigt. Es wird also eine interessante Woche. Die Stadt Sarreguemines gab gerade bekannt den Kleinunternehmern neben den Garantien des Staates für Miete und vielem mehr unter die Arme greifen zu wollen.Bis dahin verläuft die Umstellung von „normalen“ Öffnungen der Geschäften, hin zu Liefer- und Abholdiensten fast schon routiniert. Sarreguemines scheint sich in ein „städtisches-Bestell-Dienst-Zentrum“ zu verwandeln und unzählige Annoncen zu Bestell- und Abholdiensten trudeln über die sozialen Netzwerke bei uns ein.Leider sind es nicht nur diese Annoncen, sondern auch Nachrichten zu erkrankten Covid-19 Patienten aus unserer Umgebung. Wir hoffen, dass sie alle durchkommen.Das Französische verfügt über ein Wort, das beschreibt, an was man sich in diesen dunklen Zeiten festhalten soll: „convivialité“ Zusammenhalt, Miteinander. Wir haben das gestern beim Skype-Abendessen mit Freunden zelebriert. Von Sarreguemines, aus dem Confinement in die Welt. Wenn es bei euch in Deutschland, Österreich oder wo immer ihr auch seid, morgen auch wieder losgeht mit einem Lockdown, dann verliert nicht den Mut. Schützt euch und eure Familie und Freunde- und bleibt gesund!
Schlagwort: reconfinement
J-0 Le ReConfinement/ Die Ausgangssperre
Nun ist er da, der Jour 0 – seit 0 Uhr sind wir wieder confinemiert, oder wie eine liebe Freundin gesagt hat: eingeigelt. Bragi hat mich heute Morgen auf der allmorgendlichen Runde schon ganz komisch angeschaut, als ich an einer Stelle, an der wir normalerweise weiter geradeaus gehen, wieder umgekehrt bin. Egal, ob der Regen herunterprasselt, zwanzig Minuten Parc Municipal habe ich mir gegönnt. Das ist ein großer Unterschied zum ersten Confinement vom Frühjahr- die Parks sind offen und die Wälder dürfen betreten werden, sofern du einen Parc oder den Wald in deinem Radius von einem Kilometer um dein Haus hast. Wir sind hier oben mit dem wunderschönen saargemünder Stadtpark, dem Parc Municipal- gesegnet. Er gehört in „normalen“ Zeiten schon zu unseren Lieblingsplätzen in der Stadt- jetzt freue ich mich, dass ich zumindest 20 Minuten dort am Tag verbringen kann. Es hat fast was von Eishockey- also von der Zeiteinteilung in Drittel- 20 Minuten hinlaufen- 20 Minuten flanieren zwischen Esel, Schafen, Pfau und Lama- und dann schnell wieder den Berg hoch -20 Minuten bis zur Spitze des Blaubergs. Und dann hoffen, dass die Police dich nicht erwischt, wenn du deine Zeit draußen um 5 Minuten überziehst, weil du nicht schnell genug den Berg hochkommst- das kostet dann mal gleich 135€. So ist das im Confinement. Ich hab es geschafft heute Morgen, alles hat gepasst. Nach 58 Minuten war ich wieder zuhause und wie wenn sie es gewusst hätten, fuhr der Wagen der Police Nationale just in dem Moment an mir vorbei, als ich meine Zauntür hinter mir schloss. Sie nickten herüber und lächelten. Beide Polizisten lächelten. Mir wurde klar, dass es kein Gegeneinander von Polizei und Bürger gibt. Die Polizei hilft uns, uns zu schützen vor Corona und Covid- auch durch die Strafen für diejenigen, die sich nicht an die Regeln halten, die sie vorsätzlich brechen. 1500€ ist viel Geld für dreimal keine Maske anziehen und dabei erwischt werden.
Sie werden noch lange kontrollieren, Patrouille fahren und Strafzettel verteilen. Der französische Staat zeigt Präsenz. Das ist angesichts eines unsichtbaren Gegners wie dem CoronaVirus irgendwie beruhigend. Premierminister Castex und unser „Minister für Gesundheit und Solidarität“ haben die Maßnahmen gestern Abend eingehend erläutert- jedem sollte klar sein, was die Stunde geschlagen hat. Für uns Deutsche wirkt die Härte der französischen staatlichen Maßnahmen zuerst irritierend. Aber seit dem Confinement im März und den Zahlen der letzten Wochen, versteht man die Maßnehmen, die jetzt ergriffen werden als aktiven Beweis der Verantwortung des französischen Staates für seine Bürger- auch für uns. Das tut gut.
Bilder des Parc municipal, findet ihr unter meinen Ausflugstipps auf www.zaungeschichten.com für die Zeit nach Corona:-) Bleibt gesund!
Le Jour-1
Wenn in Frankreich etwas Besonderes bevorsteht wie der Schulanfang oder Weihnachten, dann bringen die Franzosen ihre Freude über das kommende Ereignis mit einem Countdown zum Ausdruck. „Jour -1“ bedeutet: noch ein Tag bis zum großen Ereignis. Heute ist wieder mal so ein J-1. Doch diesmal steht der J-1 nicht im Zentrum von Vorfreude, heute ist der Tag vor unserer Reconfinementierung. Seit gestern Abend ist klar, dass der J-1 wieder bedeutet Abschied nehmen zu müssen von Freiheiten, die uns im Juni wieder geschenkt worden waren. Ab morgen gelten wieder Attestationen, verschärfte Ausgangsregeln- genauere Details liefert uns wahrscheinlich eine Pressekonferenz, die unser Premierminister Castex- unser bewährter Philippe wurde zwischenzeitlich durch Macron ausgetauscht- heute Mittag hält.Wenn eine Rede an die Nation angesetzt wird, dann wissen wir alle, was die Uhr geschlagen hat. Und spätestens nach den fast schon zeremoniellen Schlussworten „Vive la Republique! Vive la France!“, herrscht in CoronaZeiten ein paar Sekunden betretenes Schweigen und man hört fast durch die Häuserwände das tiefe Durchatmen unserer Nachbarn. Genauso war es gestern Abend. Nur hat unser Präsident den beiden Schlusssätzen mit geballter Faust und festem Blick einen anderen vorangestellt: „Nous sommes la France!“ Er hat nicht wieder dem Virus wie im Frühjahr rhetorisch „den Krieg“ erklärt, sondern an das appelliert, was Frankreich ausmacht, was unseren Blauberg und Sarreguemines ausmacht: den Zusammenhalt. Wir werden es auch dieses Mal zusammen mit Abstand schaffen, den Ausbruch des Virus einzudämmen. Wie lange wir brauchen, das steht in den Sternen- aber wir werden sie wieder leben, die französische Solidarität. Nous sommes la France! Die Zaungeschichten gehen weiter, morgen am J-0 des zweiten Confinements. Bleibt gesund wo immer ihr seid. Restez en bonne santé!