Vor 45 Jahren ging sie los, die Reise, die mich hier in meine neue Heimat gebracht hat. Ganz kurz war die erste Etappe, noch im Bauch meiner Mutter- von Kübelberg nach Ottweiler ins Marienkrankenhaus. Ich kenne die Uhrzeit nicht, aber es war Freitag, der 3. September 1976 als ich dort als Nadine Fried zur Welt kam und kurz darauf meinen Platz bei meinen Eltern und Großeltern auf der Siedlung in Kübelberg fand.
Ich hadere mit meinen Geburtstagen, verfalle regelmäßig in Anbetracht des fortschreitenden Alters in geburtstagsdepressive Phasen, für die Sascha und meine Freunde oft nur ein „Du bist total verrückt!“ übrig haben. Gestern Abend, als ich die Hunde nach draußen führte- mein guter Sascha lag schon geschafft im wohlverdienten Feierabendschlaf- sah ich Julie, die sich gerade von den Anstrengungen des ersten Schultages erholte und bei einem Glas Cremant wohl auch feierte, dass ihre beiden Jungs nun im Bett schlummerten. Ich wollte sie in ihrer stoischen Pose nicht stören, da hatte sie mich schon gesehen und stand mit einem zweiten Glas Cremant zum Zaun. „Nadine, wir werden immer älter! Ich bin total kaputt von diesem ersten Schultag. Keiner der Jungs wollte seine Sachen ins Schließfach der Schule räumen. Da hab ich die Nerven verloren und gedroht sie selbst im Schließfach zu lassen, wenn sie sich nicht beeilen würden. Da ging’s auf einmal! Als ich mich umdrehte stand die neue Maitresse von Loic hinter mir und schüttelte ungläubig den Kopf! Was hat die Lehrerin jetzt für einen ersten Eindruck von mir? Rabenmutter? Ich bin einfach zu alt für das alles!“ Ich lachte und versuchte sie mit Worten zu trösten, aber es half nur ein zweites und drittes Glas Cremant. Während wir schlürften und erzählten, war die Sonne schon untergegangen, am Zaun war es dunkel geworden, die Sterne über uns leuchteten. Da sagte Julie: „Ach Nadine, ich hab ganz vergessen…. du hast ja gleich Geburtstag!“ Eine Träne rann mir über die Wange. „Geht’s dir gut? Noch drei Minuten! Wer wird denn da weinen? Ich komm vor den Zaun und wir stoßen richtig an!“ Sie öffnete das Tor ihrer Einfahrt und ich das Türchen unseres Vorgartens. Da standen wir nun, 45 Jahre nachdem alles begann, auf dem Gipfel des Blaubergs in Frankreich und lagen uns in den Armen. Sie drückte mich ganz fest. „Joyeux anniversaire, chere Nadine, chère amie!“ Da öffnet sich die Haustür, Sascha war von unserem Geschnatter aufgewacht. Plötzlich kam auch Eric- er war in Sorge wo Julie so lange blieb- um die Ecke und so stießen wir an auf mein neues Lebensjahr und unsere Avenir en France. Meine geburtstagsdepressive Phase war wie weggeblasen und ich war wieder glücklich über das Glück, dass ich während der 45 Jahre gefunden habe und das, was noch auf uns alle wartet- in diesem großartigen Land mit unseren Freunden auf beiden Seiten der Grenze.
Auf die Zukunft! Ich schließe mich allen guten Wünschen an, wenn ich darf. Liebe Grüße
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